DOMFORUM KÖLN

csm_domforum_skizze_klein_6695ba127f

Vielfalt im Einklang. Das Domforum Köln offenbart eine neue Raumqualität. Seit mehr als 15 Jahren fungiert das Foyer des ehemaligen, denkmalgeschützten Bankengebäudes des Architekten Fritz Schaller in unmittelbarer Nähe des Kölner Doms als eine Stätte informeller Begegnung mit der katholischen Kirche. Unlängst erfuhr das Domforum Köln eine Neugestaltung, die den so vielfältigen wie unterschiedlichen Nutzungsprofilen des Raumes in zeitgemäßer Interpretation gerecht wird. Dabei verneigten sich die Architekten und die Lichtplaner vor der originären Qualität der Architektur.

Buon giorno, god dag, hello. Aus allen Teilen der Welt kommen die 5 Millionen Menschen, die das Domforum Köln in den 15 Jahren seiner Existenz besucht haben. Guten Morgen, guten Tag, guten Abend. Zu jeder Tageszeit ist im Domforum reger Betrieb, wenn durchschnittlich täglich mehr als 900 Pilger, Touristen und Bürger der Stadt das Informations- und Begegnungszentrum des Erzbistums Köln aufsuchen. Dabei sind die Motive höchst unterschiedlich. Während die einen vom Wissensdurst bezüglich des Glaubens, der Kirche oder der attraktiven Rhein-Metropole getrieben sind, suchen die anderen eine Gelegenheit zur Besinnung oder eine diskrete Hilfestellung in einer prekären Lebenssituation. Am Abend schließlich beginnt das große Stühle-Rücken, wenn das Domforum zu einem Veranstaltungsort umgerüstet wird. Dann kommen die Kultur- und Bildungshungrigen, um im temporär bestuhlten Bühnenbereich das Angebot an Vorträgen, Konzerten, WDRTalk-Shows oder Darbietungen religiösen Inhalts wahrzunehmen. Mehr als 6.000 Veranstaltungen hat das Domforum bislang auf die Beine gestellt.

Ein Stück überdachter Domplatz. Keine leichte Aufgabe, die das Foyer des ehrwürdigen Bauwerks, das Fritz Schaller 1954 als »ein Stück überdachten Domvorplatz« für die Bank für Gemeinwirtschaft errichtet hatte, in seiner Raumstruktur und -anmutung lösen muss. Denn die vielfältigen Anforderungsprofile setzen einen extrem hohen Maßstab an die Qualität des Raumes. Zum Domforum umgebaut worden war das ehemalige Bank-Foyer im Erdgeschoss, eine weit gespannte offene Halle auf starken Betonstützen, 1996 durch Fritz Schallers Sohn Christian, der in Köln seit 1971 ein bekanntes Architekturbüro betreibt. Viele Jahre hatte das Konzept gut funktioniert. Doch den zunehmenden Besucherströmen und zusätzlichen Angeboten, wie der geplanten Einrichtung eines Treffpunkts für Domführungen, zeigte es sich jetzt nicht länger gewachsen. Auch sollten Defizite im technischen und im logistischen Bereich, diesich in der täglichen Arbeit bemerkbar gemacht hatten, zugunsten reibungsloserer Abläufe und innovativer Multimedia-Nutzung beseitigt werden.

Rückbau zu der genuinen Transparenz. Bei der im vergangenen Jahr anstehenden Neukonzeption fiel die Wahl des Erzbistums auf Martini Architekten aus Bonn, ein Büro, das die Brüder Andreas, Johannes und Paul Martini seit 1999 als Nachfolger ihres Vaters Peter Martini betreiben. In einem Gutachterverfahren hatten sie sich unter vier weiteren eingeladenen Architekturbüros mit ihrem Konzept eines Rückbaus zu der genuinen Transparenz und Offenheit des Raumes profiliert. »Das Gebäude hat eine hohe bauliche Qualität, die wir als höchstes Gut begreifen«, erläutert Johannes Martini seinen Ansatz. »Fritz Schaller war ein hervorragender Architekt. Aus Achtung vor seiner schöpferischen Persönlichkeit haben wir keinerlei baukonstruktive Veränderungen vorgenommen. Im Gegenteil: Wir haben das Vorhandene, das wertvoll ist, wieder sichtbar gemacht. Das größte Qualitätsmerkmal ist die dreiseitige rautenförmige, zur Domplatte bodentiefe Verglasung der Fassade, die nun wieder durchgängig freigelegt ist.« Die Glasfassade hatte Fritz Schaller bei der Planung des Gebäudes besonders am Herzen gelegen. Darf man den Ausführungen des Kölner Musikwissenschaftlers Robert von Zahn anlässlich einer Architektur-, Musik-und Tanzinszenierung des Komponisten Thomas Witzmann im Domforum Glauben schenken, war der Architekt seinerzeit einen Kompromiss eingegangen. Denn der gewünschten Aufhebung der Raumbegrenzung mittels einer Glasmembran hatte sich der steinerne Gebäudesockel, der keine bodentiefe Verglasung erlaubte, kontraproduktiv entgegengestellt. »Und der Sockel schien die Trennung zwischen Innen- und Außenwelt noch erheblich zu verhärten«, so Robert von Zahn. Mit der Planung der Domplatte, die höher liegt als die vorherige Umgebung des Doms, habe Fritz Schaller diese Problematik dann später in einem Nebeneffekt lösen können.


Offenheit und Weite. Nach der aktuellen Neugestaltung präsentiert sich das Domforum als puristischer, überwiegend in Weiß gehaltener Raum, der sich mit seiner formal starken, aber dennoch zurückhaltenden Möblierung fließend in drei Funktionszonen gliedert. Vor der einzigen nicht verglasten Wand schwingt sich eine lange Theke aus Corian, in Anmutung einer Skulptur, diagonal durch das Raumsegment. Für den Besucher deutlich erkennbar dient sie als zentrale Anlaufstelle, die sich nahtlos in ein Informations- und Beratungssegment sowie einen Bereich zur Koordination von Domführungen gliedert.

»Über die gesamte Fläche mit weißen Einbauschrank-Modulen bestückt, bildet die dahinter liegende Wand einen weiteren Funktionsbereich, der u. a. das Stuhllager und ein Küchensegment verbirgt. Auch der originäre, weiterhin nutzbare Durchgang zum Treppenhaus ist dort integriert. Eine nicht einsehbare, akustisch geschützte Beratungsinsel an der Westseite bietet, als dritte Funktionseinheit, diskreten Raum für die seelsorgerische Arbeit des Domforum Teams. Mit diesem Konzept raumbildender Elemente und derer Positionierung erhält der Raum seine Offenheit und Weite, die ihn einst auszeichnete, zurück. Lediglich einige locker gruppierte Sitzinseln durchbrechen rhythmisch die große, freie Fläche in der Raummitte und an den Glasfassaden im Norden und Osten.

Neu-Interpretation des originären Beleuchtungskonzepts. Dem vielschichtigen Nutzungsprofil und den durch die Architektur vorgegebenen Strukturen sollte sich auch die neue Beleuchtung funktional, formal und gestalterisch anpassen. Schon während der Konzeption hatten Martini Architekten daher das Bonner Lichtplanungsbüro Licht Kunst Licht AG einbezogen, das für Beleuchtungskonzepte bekannt ist, die die Architektur unmerklich unterstützen. War das Deckenbild des Foyers in seiner fünfzehnjährigen Nutzung als Domforum von kostensparenden Langfeld-Anbauleuchten charakterisiert, plädierten Martini Architekten und Licht Kunst Licht für eine Neu-Interpretation des ursprünglichen Beleuchtungskonzepts. Fritz Schaller hatte deckenbündige Wannenleuchten verwendet, die sich, um eine Achse versetzt, diagonal in die damalige, ebenfalls diagonal profilierte Akustikdecke integrierten.

»Wir mussten und wollten dem Denkmalschutz des Gebäudes gerecht werden, wir hatten verschiedene Anforderungen an die Lichtqualität zu erfüllen und wir wollten schließlich unterschiedliche Lichtstimmungen erzeugen«, erläutert Andres Schulz von Licht Kunst Licht. »Mit einer Serienleuchte ist das nicht zu realisieren.« Mit seinem Team entwickelte er daher eine flächenbündige Deckeneinbauleuchte, die diffuses Licht für die Grundbeleuchtung und gerichtetes Licht für die Akzentbeleuchtung spendet. Mit ihrer 10mm starken Acryl-Satiné-Abdeckung integriert sich die von RSL gebaute Hybridleuchte – abgesetzt durch eine dezente Schattenfuge –bündig in die neue Abhangdecke, hinter der sich heute innovative Technik verbirgt. Die einzelnen Acrylkomponenten der Leuchte sind so präzise gefügt, dass sie wie eine gegossene, homogene Form wirken. Auch bei der Leuchtenverteilung orientierte sich Licht Kunst Licht am Original, indem die Planer die Leuchten wiederum diagonal und versetzt anordneten. Mit der kompromisslosen Klarheit, Ordnung und Reduktion, der vielfältig veränderbaren und dabei formal völlig zurückhaltenden Beleuchtung sowie der Verneigung vor der originären Architektur offenbart sich eine Raumqualität, die den multifunktionalen, denkmalschützerischen und atmosphärischen Anforderungen des Domforum Köln gerecht wird. Der Raum lädt seine unterschiedlichsten Besucher zum Einklang ein und bleibt bei jedweder Art von Nutzung selbst im Einklang.

FOTOGRAFIE: CONSTATIN MEYER